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Griechisches Joghurt: ein Grandioser Booster

Es ist angenehm cremig, mild im Geschmack und enthält auch noch eine Menge Eiweiß: Griechisches Joghurt erobert das Herz der Menschen. Doch wann ist ein Joghurt ein griechisches Joghurt? Ist es besser als »normales«? Und hilft es beim Muskelaufbau?

Wie viele Trends kommt auch dieser über die amerikanische Bande wieder nach Europa: Griechisches Joghurt hat dort Joghurt »salonfähig« gemacht und dem Segment einen enormen Auftrieb gegeben. Denn im Gegensatz zur herkömmlichen Variante spricht es Frauen wie ­Männer gleichermaßen an, Sportelnde, Abnehmwillige und Genussaffine ebenso wie alle Generationen. Mit nur kleinem Vorsprung sind es die Boomer, die am kräftigsten zulangen. Auf über sieben Milliarden US-Dollar wird der amerikanische Joghurtmarkt geschätzt. Jedes zweite in den USA verkaufte Joghurt ist mittlerweile ein »griechisches«, während 2007 der Anteil bei nur einem Prozent lag. Auch in Europa ziehen wir ordentlich nach, und weltweit wird in den kommenden ­Jahren ein jährliches Wachstum von sieben Prozent erwartet.

Seine Zugkraft gewinnt das cremige Joghurt aus dem hohen Eiweißgehalt, dem Bewusstsein für die Darmgesundheit und veränderten Vorlieben, wie der starken Nachfrage nach »Clean Labels«. Damit ist der Wunsch nach einer verständlichen, transparenten und meist auch kurzen Zutatenliste gemeint – ohne Zusatzstoffe wie etwa Geschmacksverstärker, ­Farbstoffe, Süßungs- oder Säuerungsmittel, Emulga­toren und Konservierungsstoffe. Natur­joghurt punktet hier auf voller Linie. Denn als Rohstoff braucht es nichts außer Milch und Joghurtkulturen. Und griechisches Joghurt punktet erst recht, denn durch ­seine besondere Herstellungsweise hat es noch dazu eine Konsistenz, die Dessert­charakter aufweist. Wie unterscheidet es sich also vom herkömmlichen?

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Gegorene Milch

Joghurt ist eines der ältesten fermentierten Milchprodukte. Es entsteht durch die Arbeit spezieller Milchsäurebakterien wie Lactobacillus acidophilus, Lactobacillus bulgaricus, Streptococcus thermophilus und Bifidobakterien. Gemeinsam machen sie die Joghurtkultur aus, die natürlich in der Milch vorkommt, aber auch zugesetzt wird. Je nach Verhältnis der Bakterien­stämme zueinander bildet sich ein anderer Geschmack aus. Um sich zu vermehren, benötigen die Milchsäurebakterien ein für sie angenehmes Ambiente zwischen 35 und 45 Grad Celsius.

In den ersten Stunden wandeln sie dann den Milchzucker zu Milchsäure um. Durch die Milchsäure gerinnt das Eiweiß und es bildet sich eine stichfeste Konsistenz. Im Fachjargon nennt man das Dicklegung. Außerdem kommt es so zu den typisch säuerlichen Noten. Die Umwandlung von Milchzucker zu Milchsäure hat zudem zur Folge, dass Personen mit Laktoseintoleranz Milch zwar schlecht vertragen, aber oftmals einen Becher Joghurt ohne Probleme essen können. Und die probiotischen Bakterien sind auch für den positiven Einfluss auf die Darmflora verantwortlich.

Rohstoffintensiv

Griechisches Joghurt wird – ähnlich wie türkisches – nach der Dicklegung länger abgetropft. Traditionell erfolgte das intensive Abtrennen der Molke durch Leintücher, großtechnisch kommt ein Filtrationsverfahren zum Einsatz. Dieser Prozess führt eben zu einem Joghurt mit einer dickeren und cremigeren Konsistenz. Mit dem Molkeentzug ist auch ein höherer Rohstoffeinsatz verbunden. Während für ein Kilogramm normales Joghurt rund ein Liter Milch benötigt wird, sind für ein Kilogramm griechisches Joghurt aufgrund des längeren Abtropfens circa vier Liter Milch erforderlich. Wird das Joghurt nicht in Griechenland hergestellt, kommt aber die gleiche Machart zum Einsatz, dann darf es übrigens in der EU nur als »Joghurt (nach) griechischer Art« vermarktet werden.

Griechisches Joghurt wird wegen seiner besonders cremigen Konsistenz gerne als gesundes Frühstücks-Bowl mit Müsli und frischen Früchten verzehrt.
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Griechisches Joghurt wird wegen seiner besonders cremigen Konsistenz gerne als gesundes Frühstücks-Bowl mit Müsli und frischen Früchten verzehrt.

Traditionell wurde in Griechenland Schafmilch als Ausgangsprodukt verwendet. Das ist dort heute noch häufig der Fall, schon allein, weil Schafmilch höhere Gehalte an Fett und Eiweiß aufweist und weniger Wasser enthält. Dadurch ist die Ausbeute höher und die Konsistenz fester. Bei uns jedoch steht hauptsächlich griechisches Joghurt (oder Joghurt griechischer Art) aus Kuhmilch in den Regalen.

Das Konzentrieren führt auch zu einem gut doppelt so hohen Proteingehalt als in normalem Joghurt. Mit rund neun Gramm Eiweiß pro 100 Gramm ist in der griechischen Variante zu rechnen. Das spricht viele an, die regelmäßig trainieren. Zwar handelt es sich um eine Mär, dass eine Extraportion Eiweiß automatisch zu mehr Muskelwachstum führt, aber Muskeln enthalten Eiweiß und mehr Muskelmasse braucht mehr Eiweiß. Mehr Eiweiß benötigen auch Menschen ab etwa 60 Jahren. Und jene, die zwar auf Fleisch verzichten, aber Milchprodukte konsumieren, können ebenfalls mit der griechischen Variante schneller auf ihre Kosten kommen. Dazu kommt: Eiweiß sättigt gut und lange. Daher kann es auch helfen, Gewicht zu halten oder zu verlieren.

Griechisches Joghurt ist fest und cremig in seiner Konsistenz. Im Vergleich zu herkömmlichem Joghurt tropft die Molke bei der griechischen Version länger ab, wodurch auch der Fett- und der Eiweißgehalt steigen. Zum Muskelwachstum kommt es nur in Kombination mit gezieltem Training.

Schlanke Linie

Für den gewichtsfreundlichen Effekt von Joghurt – unabhängig davon, ob es sich um normales oder griechisches handelt – kommen aber noch mehrere Mechanismen infrage: etwa der Beitrag zu einer günstigeren Zusammensetzung der Darmflora, die sich bei Normal- und Übergewichtigen nachweisbar unterscheidet. Oder die verzweigtkettigen Aminosäuren und Molkenproteine, die der Fetteinlagerung entgegenwirken. Zudem sorgt die Milchsäure für eine bessere Kalziumaufnahme, womit ebenfalls ein vermehrter Fettabbau und stärkere Knochen verbunden sind.

Rezeptideen mit griechischem Joghurt


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Erschienen in
Falstaff Nr. 03/2024

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Marlies Gruber
Autor
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