Die Langhe, die Hügel bei Alba im südlichen Piemont, sind berühmt für Barolo und Barbaresco. Hier entstehen aber auch einfachere Nebbiolo-Weine, die sehr spannend sind.

Die Langhe, die Hügel bei Alba im südlichen Piemont, sind berühmt für Barolo und Barbaresco. Hier entstehen aber auch einfachere Nebbiolo-Weine, die sehr spannend sind.
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Nebbiolo: Der Stoff, aus dem Rotwein-Träume sind

Nebbiolo steht oft im Schatten anderer berühmter Rotweinsorten. Das ändert sich schlagartig, wenn man die Weine nennt, die aus ihr entstehen: Barolo, Barbaresco, Roero ebenso wie Nebbiolo selbst, aber auch Gattinara oder Sforzato gehören zu den ausdrucksstärksten Rotweinen der Welt.

Nebbiolo – in diesem Wort schwingt eindeutig »Nebbia« mit, der italienische Ausdruck für Nebel. Man ist sich heute aber nicht einig darüber, ob der Name für Nebbiolo nun seinen Ur­­­­­­sprung im Nebel hat, der sich zur Lesezeit der Sorte ausbildet, oder im weißen Belag, der sich auf den reifen Beeren ausbildet. Für den Weinliebhaber ist dies aber auch nicht weiter von Relevanz. Fest steht, dass Nebbiolo die Grundlage für viele beliebte Rotweine bildet. Die Sorte ist fast ausschließlich in Italien zu finden – von den weltweit rund 6.000 Hektar, die mit Nebbiolo bepflanzt sind, liegen 5.250 in Italien. Dort wiederum ist die Verbreitung des Nebbiolo im Wesentlichen auf den Nordwesten beschränkt, auf Piemont, Aosta und die Lombardei. 

Nebbiolo treibt früh aus, sodass die Triebspitzen durch Frühjahrsfröste gefährdet sind. Wärme tut ihm gut, Hitze mag er weniger. Die Reife erreicht Nebbiolo erst spät, in Normaljahren findet die Hauptlese Mitte Oktober statt. Nebbiolo-Weine sind eher hell und weisen meist eine rubingranatfarbene Tönung auf. Charakteristisch ist ein Duft nach Himbeeren, Pflaumen und Brombeeren, in gereifteren Weinen auch Leder und Trüffel. Am Gaumen sind Nebbiolo-Weine körperreich und strukturiert, zeigen straffes, präsentes Tannin und klar wahrnehmbare Säure. Aufgrund der bedeutenden Tannine benötigen Nebbiolo-­Weine im Allgemeinen eine längere Reifezeit, können auf der anderen Seite dann aber lange lagern. 

ZUR TROPHY

Langhe-Roero

Auch wenn es viele nicht glauben mögen: Nebbiolo ist nicht die am häufigsten angebaute rote Rebsorte im Piemont, das ist Barbera. Nur in den Randgebieten, im Süden und im Norden, ist Nebbiolo die wichtigste Sorte. Die größte Verbreitung findet Nebbiolo im Südpiemont. Die Hügel um die Kleinstadt Alba sind berühmt für die Rotweine, die dort entstehen. Im Osten, am rechten Ufer des Tanaro-Flusses, liegen die Langhe-Hügel, im Süden das Barolo-Gebiet. Im Norden von Alba, deutlich kleiner, das Barbaresco-Gebiet. Es ist nur ein knappes Drittel so groß wie Barolo. Die besten Nebbiolo-Weine die hier entstehen, tragen nicht den Namen der Sorte, sondern jenen des Gebiets, also Barolo und Barbaresco. Es gibt aber auch den Langhe-Nebbiolo. Der entsteht aus jüngeren Rebanlagen oder aus nicht so optimal ausgerichteten Lagen in diesen beiden Gebieten. Vor zwei Jahrzehnten spielte Langhe-Nebbiolo außerhalb der Heimatregion nur eine marginale Rolle. Seither aber hat sich einiges geändert: Dank Barolo und Barbaresco ist Nebbiolo zum einen als Sorte bekannter geworden, zum anderen ist die Qualität der Langhe-Nebbiolo-Weine enorm gestiegen. Sie zeigen eine sehr klare, duftige Nase mit den typischen Himbeernoten, sind präzise vinifiziert und haben einen guten Trinkfluss. Und schließlich lässt der preisliche Höhenflug von Barolo und Barbaresco Nebbiolo-Weine immer interessanter erscheinen – gerade in der Gastronomie. 

Westlich von Alba, am linken Tanaro-Ufer, liegt das Roero-Gebiet. Hier sind die Böden sandiger, die Hügel steiler. Auch hier gibt es einen Wein, der wie das Gebiet selbst heißt: Roero. Im Unterschied zu Barolo und Barbaresco, die ausschließlich aus Nebbiolo bestehen dürfen, kann ein Roero auch bis zu fünf Prozent andere Sorten enthalten. Auf den Hügeln des Roero kann aber auch Nebbiolo d’Alba erzeugt werden. Dieses Ursprungsgebiet umfasst alle Gemeinden und Lagen um Alba, die nicht unter Barolo oder Barbaresco fallen. 

Bergweinbau: Links ein Weingarten im Aostatal, wo sich die Reben an einem eigenen Pergola-Gerüst emporranken. Rechts Steinterrassen im Valtellina.
© Consorzio Vini Valtellina
Bergweinbau: Links ein Weingarten im Aostatal, wo sich die Reben an einem eigenen Pergola-Gerüst emporranken. Rechts Steinterrassen im Valtellina.

Nordpiemont und Aostatal

Das zweite wichtige Anbaugebiet für Nebbiolo liegt im Nordpiemont, in den Provinzen Biella, Vercelli und Novara. Dort wird die Sorte Spanna genannt. Am bekanntesten ist das Anbaugebiet Gattinara, nicht zuletzt, weil vor einigen Jahren Giacomo Conterno aus dem Barolo-Gebiet hier das Weingut Nervi übernahm.

Es gibt aber noch neun weitere Gebiete am Südrand des Alpenbogens, in denen Nebbiolo die Hauptrolle spielt: Ghemme, Boca, Bramaterra, Lessona, Costa della Sesia, Fara, Sizzano, Colline Novaresi und Valli Ossolane, schon nahe der Grenze zur Schweiz. Das Kleinklima wird vom mächtigen Massiv des Monte Rosa geprägt, aus dem frische Winde für Kühlung in den Rebzeilen sorgen. Auch hier sind Kalkböden prägend, es gibt im Bereich von Gattinara und Boca aber auch Porphyrböden vulkanischen Ursprungs. Kleine Mengen an Nebbiolo-Weinen liefert auch das ganz im Nordosten gelegene Aostatal. Die Weine fallen durch das kühle Klima hier deutlich zarter und frischer aus, erinnern mitunter an einen Pinot Noir. 

Valtellina

Das größte Anbaugebiet für Nebbiolo außerhalb des Piemonts ist das Valtellina-Tal in der Lombardei. Das langgezogene Tal zieht sich in West-Ost-Richtung vom Comer See über den Hauptort Sondrio bis nach Tirano, immer an der Grenze zur Schweiz. Weinbau findet ausschließlich an der nach Süden ausgerichteten Nordseite des Tales statt. Das Gebiet ist geprägt von kilometerlangen Steinterrassen, die sich über die steilen Hänge ziehen. Im Valtellina wird Nebbiolo als Chiavennasca bezeichnet. Da Nebbiolo starken Lagencharakter zeigt, ist es auch im Valtellina üblich, die Weine nach Lagen getrennt auszubauen. Eine Spezialität ist der Sforzato, der – ähnlich wie ein Amarone – aus angetrockneten Trauben entsteht. 

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Erschienen in
Falstaff Nr. 03/2024

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Othmar Kiem
Othmar Kiem
Chefredakteur Falstaff Italien
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